„Offenbarung“ heißt der Titel einer neuen, letzte Woche in der Trierer Tuchfabrik eröffneten Ausstellung, auf der fünf Künstler der „Kulturwerkstatt Trier“ mit Bildern und zwei Objekten vertreten sind: Harry Koch (Trier) – der Manager der Tuchfabrik, Angelika Lauer (Trier), Herbert Lauer (Trier), Armin Scheider (Seigen) und Peter Valentiner (Köln) – Dozent an der „Europäischen Akademie für bildende Kunst“.
„Offenbarung“ ist ein anspruchsvoller Titel; anspruchsvoll deshalb, weil er auf religiöse Inhalte – von erwachendem Christus-Bewußtsein war in der Ankündigung die Rede – und auf verbindliche Formulierungen davon zielt. Die Zeit ist dafür nicht gerade günstig, zum einen, was die Gläubigkeit, zum andern, was den Stand moderner künstlerischer Mittel betrifft, Religiösem allgemein faßlichen Ausdruck verleihen zu können, ohne auf die traditionelle christliche Bildsymbolik zurückzugreifen.
Die rheinland-pfälzische Landeskunstaustellung „Religiöse Kunst heute“, vor ein parr Monaten im Simeonstift zu sehen, lieferte für die Vorherrschaft des Abstrahierten und Unbestimmten und die Scheu vor schlichter Bildhaftigkeit auf diesem Gebiet ganze Bündel anschaulicher Beweise. Damals überraschte auf jeden Fall die große Zahl von Künstlern, die auf die religiöse Themenstellung eingegangen waren, was sich im üblichen Ausstellungsbetrieb sonst so nicht widerspiegelt. Denselben Überraschungseffekt hat auch die neue Tufa-Ausstellung. Auch wenn oft nur Gutgemeintes und die Schwierigkeit zu sehen ist, subjektive innere Erfahrungen malerisch „ansprechend“ zu objektivieren – die Intention der Ausstellung ist interessant und aufschlußreich.
Das Vage und Schemenhafte, der Versuch, den Verlust an christlich-religiösen Sinnbildern, vor denen früher eine breite Übereinkunft des Verstehens bestand, durch Farben- und Formensymbolik auszugleichen, durch den Ausdruck individueller Empfindungen, die über das Sichtbare und Materielle hinausgehen und die Kraft eines Zusammenhalts und einer höheren Ordnung beschwören, prägt auch diese Ausstellung. So wird die Kraft der „Liebe“ beschworen, die Kraft einer erreichbaren, von einem zentralen Schwerpunkt ausgehenden Harmonie – auffallend etwa bei Armin Schneider und Angelika Lauer, abstrahierend, figürlich und in lichte Farben getaucht. Beigefügte Erklärungen sind aber auch kennzeichnend für die Schwierigkeit, Privates bildkünstlerisch mitteilen zu können.
Viel Symbolik von Licht, Feuer und kreisenden Rhythmen, viel Blau- und Goldemblematik, Kennzeichen des Geistigen und des Strahlenden – plakativ bei Herbert Lauer, Versuche, „das Geistige“ hinter den Dingen und Menschen ohne Zuhilfenahme abstrakter Muster zu erfassen bei Harry Koch. Der Tufa-Leiter, der in seiner Eigenschaft als malerischer Autodidakt speziell überrascht, hat auch eine Wand aus Gegenständen seines Arbeitsalltags collagiert, die dann meditativ „durchbrochen“ wird – eine Arbeit, die den Spuren der Beuys’schen Zeichensetzungen folgt, ähnlich wie ein kleiner „Besinnungsraum“ (Armin Schneider), der an die „Privaten Mythologien“ erinnert, die auf der fünften documenta in Kassel ausgebreitet wurden. Malerisch überzeugt vor allem Peter Valentiner mit seinen abstrakten Farbformgefügen, die das anscheinend Komplizierte zu einer harmonischen und zugleich schönen Ordnung verbinden (Bis Ende des Jahres).
Hans Ludwig Schulte
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