Büttgen. Tina Turner in Düsseldorfs Philips-halle, Peter Valentiner im Büttgener Rathaus. War das die Alternative für viele, die weggeblieben sind? Bei den Kommunalpolitikern war es eher der Landtagswahlkampf und bei den Kaarster Kunstfreunden die Vernissage des Kaarster Künstlers Klaus Neumayer im Rheinischen Landestheater Neuss am gleichen Abend. Trotzdem war die Ausstellung immer noch besser besucht als einige andere der jüngsten Vergangenheit.
Die Ausstellung birgt das ganze Dilemma der Stadtverwaltung in sich. Da gibt es einen kunstinteressierten Beigeordneten - welch ein Glück für eine Stadt -, der gern sein eigenes Süppchen kocht. Das große Interesse der Bevölkerung an lokalen Größen wird von der Verwaltung bewußt mit Kontrast-Ausstellungen angegangen. Da hilft einerseits die „gallery 44“ mit, auf der anderen Seite die Verwaltung. An sich kein schlechter Ansatz, die Bemühungen sind redlich und anerkennenswert, aber es stellt noch kein Konzept dar, zur 2000-Jahr-Feier nach Trier zu fahren und zwei Künstler einer großen Ausstellung nach Kaarst zu verpflichten.
Peter Valentiner, dessen: Werke in Büttgen bis zum 12. Mai zu sehen sein werden, ist ein typischer Fall für die Rathaus-Denke. Der Künstler ist international herumgekommen: In Kopenhagen geboren, französische Nationalität, Dozent in Trier, lebt in Berlin, Köln und Paris. Die ausgelegte Visitenkarte weist drei Adressen auf. Gründer, Mitglied, Präsident, Preisträger, Mitarbeiter: Solche Begriffe ziehen sich wie ein roter Faden durch die Biographie des 43 jährigen Künstlers. Vertreten auf der Internationalen Kunstmesse Köln, in Paris ausgestellt und ausgezeichnet, was will man mehr, wenn ein solcher Mensch in einer 4000 Seelen-Stadt wie Kaarst ausstellt?
Eine Dame aus dem Kulturausschuß hatte das Vergnügen, den Künstler im Atelier bei der Arbeit zu sehen. Das Nachvollziehen seiner Methode, Netze über Fotografien zu legen, habe Ihr Verständnis für die ausgestellte Malerei geweckt. Auch das Resümee des einführenden Vortrages des Kunstkritikers Martin Hildebrand aus Wiesbaden läßt den Betrachter im Regen stehen: „Diese Malerei erscheint als etwas, was mit Worten nicht annähernd zu erfassen ist.“
Der Ausstellungsbesucher, der während der Woche ins Rathaus kommt und von all dem nichts weiß, wird eher das denken, was Hildebrand vorwegnahm: „Sie hat scheinbar wenig mit den menschlichen Bedürfnissen zu tun.“ Die Malerei Valentiners ist für ihn das Ergebnis von Spiel und Ernst, Sinnlichkeit und lntellektualtität, eben das „schwebende Gleichgewicht der Welt“. Rhetorische Floskeln wie „man könne sich dadurch selbst neu erfahren“, hellen da nicht viel weiter.
Eher schon die schlichte Beschreibung der Trierer Ausstellungskonzeption, europäische Gegenwartskünstler zu zeigen, die von der Fläche und deren Gestaltung ausgehen. Wie Valentiner die Fläche durch seine „Flicken Technik“ mit aufgeklebten, aufgedeckten und in Streifen aufgerissenen Formen gestaltet, ist schon interessant. Scheinbar anarchisch, ohne ein System gestaltend, erhält seine Arbeit im Gesamtüberblick der Ausstellung eine strenge, fast sture Ordnung, die beinahe bis zum Uberdruß reicht.
An seinem Werke ist faszinierend, wie Valentiner Fläche gegen Ornament ausspielt, Farbe gegen Farbe, Ebene gegen Ebene, Technik gegen Technik, gerade gegen ungeordnet. Je kleinteiliger seine Komposition gestaltet ist, desto überzeugender gerät sie Ihm. In Nr. 16 etwa kommt eine Heiterkeit auf, das Chaos hat eine Ordnung erhalten. Um so größer die Einzelteile der Komposition werden, um so mehr wird die Wirkung auf den Betrachter aufgehoben, dafür kommt die Farbe immer mehr in den Vordergrund. Im Zusammenhang der zeitgenössischen Kunst in Europa gesehen, ist diese Malerei allerdings nicht besonders neu, gekonnt und aufregend.
hb
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